Museen müssen mitunter in die Generalüberholung. Wenn man es dann mit einem Museumstanker von der Größe und Bedeutung des Deutschen Museums in München zu tun hat, ist es nicht untertrieben, wenn die Verantwortlichen bei der im Jahr 2006 als Zukunftsinitiative gestarteten Modernisierung von einem Jahrhundertprojekt sprechen.
Was man in einem Museum mit dem Namen „Deutsches Museum“ erwartet?
Mit vollem Namen heißt das Haus ja „Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik“. Im Lauf der Zeit, wurde der Name eines der größten Technikmuseums der Welt umgangssprachlich und in der Außenddarstellung auf „Deutsches Museum“ verkürzt, wodurch es begrifflich zu einem Nationalmuseum der Deutschen als Ingenieurnation wurde. Schon die Errichtung des Stammhauses war ein gewaltiges Projekt, das 1909 begonnen wurde und weltkriegsbedingt erst 1925 halbwegs fertiggestellt werden konnte. Vom Bibliotheksbau und der Kongresshalle, war zu der Zeit noch lange nichts zu sehen. Das Gebäude war einer der ersten Stahlbetonbauten Deutschlands mit den entsprechenden Kinderkrankheiten, die zu nicht unerheblichen Problemen und unkalkulierbaren Kosten bei der Sanierung führten. Vorbildlich ist jedenfalls die transparente Dokumentation im Internet, bei der man 16 Jahre Sanierung nachlesen kann.
Anspruch und Wirklichkeit
Natürlich lässt man es nicht mit der baulichen Ertüchtigung bewenden, sondern es wird der Anspruch gestellt, auch inhaltlich „das modernste Deutsche Museum aller Zeiten“ zu sein. Auf sich selbst bezogen ist das bestimmt wahr. Wie schneidet nun das vor zwei Wochen wiedereröffnete Museum nun im Vergleich mit deutschen und internationalen Standards insbesondere in Bezug auf die Zugänglichkeit von Information, Verständlichkeit und Besucherorientierung bzw. User Centered Design ab? Wie ist das Museumserlebnis und was kann man dort sehen und lernen? Wir haben uns am letzten Sonntag dort umgesehen, und uns einmal einen ersten Eindruck verschafft – aufgrund des Besucherandrangs, der schieren Größe und des knappen Zeitbudgets war eine detaillierte Betrachtung jedoch nicht möglich.
Der Weg ist das Ziel
Der neue Eingang ist herausragend gut beschildert ist und zieht die Massen an Besuchenden hinein. So gut, dass man an den freundlichen Mitarbeitenden an den Informationsschaltern, erst mal vorbeiläuft. Man folgt dem Getümmel durch die Drehschleusen und spätestens, wenn man vor dem Etagenplan steht, fällt einem ein, dass man die Mitarbeiterinnen doch gerne gefragt hätte. Hinter den Drehkreuzen ist man erst mal ein wenig „lost“, was sich auch den Stimmen der anderen auf den Plan schauenden Ratsuchenden entnehmen lässt. Dabei hielte die Museums-App hier wirklich tolle Lösungen bereit – beispielweise die „Highlight Führung“ – nur erfahren die Interessierten an dieser Stelle davon nichts. Immerhin können sich die Gäste noch vor dem Betreten der Ausstellungen mit Snacks und Getränken versorgen, was gut ankommt.
Das Museum ist ein kurioser Ort
Auf dem Übersichtsplan reihen sich allerhand Themen zusammen und irgendwie kommen einem Assoziationen an Dachböden oder Kellerräume in den Sinn: Modellbahn, Moderne Luftfahrt, Robotik, Brücken und Wasserbau oder Historische Luftfahrt, Musikinstrumente und mehr. Vieles noch in klassischen Vitrinen und mit Zahlen, Daten und Fakten beschriftet. Am aufgeräumtesten erscheint Ebene 3 mit „Gesundheit, Landwirtschaft und Ernährung“. Hier wurde ein aktuelles Querschnittsthema zeitgemäß aufgearbeitet. Und auch der Buchdruck wird mit Marshall McLuhans Schlagwort „The Medium is the Message“ und der Gutenberg-Galaxis im Zusammenhang mit einer immer noch andauernde Medienrevolution behandelt. Sehr schade empfinden wir, dass das Kinderreich im Keller untergebracht wurde. Dies sollte ein Museum, das – mehr als andere – Kinder zu seinen Zielgruppen zählt und wo noch dazu der bildungs- und wirtschaftspragmatische Anspruch gestellt wird, Kinder schon früh für Technikberufe zu interessieren, anders lösen.
Man sieht im ganzen Haus, wie viel Arbeit und auch Geld in die Modernisierung geflossen ist. Bei der Präsentation stolpern wir dennoch über Schwachstellen. Es gibt eine Fülle an Hands-on-Stationen und Experimentiereinheiten, an denen wie wild herumgedrückt und geschoben werden kann. Mitunter wird aber überhaupt nicht klar, was hier überhaupt demonstriert werden soll. Die Kinder können die hoch gehängten Fragen und Erklärungen nicht lesen und die Erwachsenen verstehen sie auch nur dann, wenn sie in Physik gut aufgepasst haben. Daran wird man arbeiten können. Idealerweise nicht nur mit den Spezialist*innen, sondern mit technisch durchschnittlich affinen Menschen, wie du und ich.
Pause
Für unsere Pause hätten wir uns besser etwas mitgebracht. Das Schöne sind nämlich die verschiedenen Möglichkeiten etwas abseits der Ausstellung seine Brotzeit verzehren oder einfach konsumfrei entspannen zu können. Das Konsumieren war tatsächlich gar nicht mal so einfach. Im Dachterassenrestaurant mit dem schönen Namen „Frau im Mond“, das man auch erreichen kann ohne sich durch das Museum hinaufzuarbeiten, musste die Küche leider vorzeitig schließen. Das hat Mitarbeitende genauso frustriert wie die Hungrigen, die teilweise bereits 20 Minuten in der Schlange gestanden waren. So etwas wird sich aber bestimmt noch einpendeln.
Fazit
Das Museum erscheint aufgrund der Menge zu präsentierender Inhalte und der Masse an Menschen, die eine solche Neueröffnung mit sich bringt, erst mal überfordert und überfordert auch sein Publikum. Nun, der Andrang wird sich legen. Die Inhalte sind schier unerschöpflich und werden durch die rasante technische Entwicklung laufend mehr. Die strukturelle Hülle wird wohl wieder die nächsten hundert Jahre überdauern und bis dahin können sich noch mehrere Generationen von Kuratorinnen und Kuratoren einige neue Präsentationsformen einfallen lassen. Hoffentlich nah an den Fragen der Besuchenden und Interessierten, am besten indem gesellschaftsrelevante Themenstränge und die einzelnen technischen Lösungen verbindenden Zusammenhänge beleuchtet werden. In einer ausgewogenen Mischung zwischen technischer Begeisterung und kritisch reflektierender Kontextualisierung.